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Europarechtliche Überformung des Staatskirchenrechts?

Die mit Art. 17 AEUV verbundene Absicht, die Achtung des mitgliedstaatlich gewährleisteten Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Europäischen Union effektiv zu sichern, hat in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bislang keinen substanziellen Niederschlag gefunden. Vielmehr findet ihr zufolge das Unionsrecht auf religiös geprägte Sachverhalte grundsätzlich reguläre Anwendung, ohne dass hierbei kirchliche oder religiöse Belange eine vorrangige Berücksichtigung erfahren würden.
Im Hintergrund dieser Rechtsprechung steht das auf prinzipieller Ebene angesiedelte Problem, dass das Unionsrecht als ein vorwiegend wirtschaftlich ausgerichtetes Recht auf historisch-kulturell gewachsene Rechtsbestände der Mitgliedstaaten trifft. Damit stoßen hier zwei Rechtsmaterien aufeinander, die einer jeweils eigenen Sachlogik folgen: der Verwirklichung eines gemeinsamen Marktes als Instrument der Integration hier, dem Schutz des individuellen und korporierten religiösen Bekenntnisses dort. Hierbei ist das Recht der Europäischen Union im Ansatz funktionell ausgerichtet, während das Staatskirchenrecht im Grundsatz institutionell geprägt ist, spricht es doch die Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht nur in ihrer grundrechtlichen Freiheitsberechtigung, sondern auch und gerade als Institutionen an.
Dieser Umstand bildete den Anlass, die 55. Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche der Funktionalität des Europarechts und der Institutionalität des Staatskirchenrechts zu widmen. Der grundsatzbezogene erste Teil der Tagung handelte zum Auftakt von den Perspektiven des Europäischen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, die in ihrer Judikatur nicht nur divergierenden Europäisierungslogiken folgen, sondern in der Folge auch in unterschiedlichem Ausmaß bereit und in der Lage sind, auf nationale staatskirchenrechtliche Prägungen Rücksicht zu nehmen. Hieran schloss sich als zweiter Teil eine Exemplifizierung der Thematik auf den Feldern der Bekleidungsvorschriften und des kirchlichen Arbeitsrechts an. Der dritte Teil schließlich weitete den Blick in doppelter Hinsicht: in rechtsvergleichender Hinsicht durch die Erörterung der Frage, ob auch in anderen Staaten Europas ähnliche Konflikte zwischen Unionsrecht und nationalem Staatskirchenrecht bestehen wie in Deutschland, in interdisziplinärer Hinsicht durch die Eröffnung einer soziologischen Perspektive auf die Funktionslogik der europäischen Einigung auf der einen Seite und die mitgliedstaatliche Sicherung bewährter Institutionen auf der anderen Seite.


Inhaltsverzeichnis

Vorwort
S. VII

Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, Essen
Eröffnung der Tagung
S. 1–2

Professor Dr. Arnd Uhle, Leipzig
Einführung in die Tagung
S. 3–6

Professor Dr. Frank Schorkopf, Göttingen
Die Perspektive des EuGH: Funktionalität versus Institutionalität – Europarechtliche Überformung des Staatskirchenrechts als Konsequenz der Integration?
S. 7–49
Leitsätze zum Vortrag
S. 50–54

Professor Dr. Dr. h.c. Angelika Nußberger, Straßburg/Köln
Die Perspektive des EGMR: Funktionalität durch Institutionalität – Sensibilität im Umgang mit nationalen Traditionen?
S. 55–73
Leitsätze zum Vortrag
S. 74–75

Professor Dr. Matthias Jestaedt, Freiburg im Breisgau
Funktionalität oder Institutionalität? Verbote religiös motivierter Kopfbedeckungen als Exempel – Ein Rechtsprechungsvergleich von EGMR, EuGH, BVerfG und CCPR
S. 76–98
Leitsätze zum Vortrag
S. 99–100

Professor Dr. Stefan Greiner, Bonn
Funktionalität versus Institutionalität: Das kirchliche Arbeitsrecht als Exempel – Zum Konflikt von EuGH und BVerfG
S. 101–124
Leitsätze zum Vortrag
S. 125–127

Professor Dr. Hans Michael Heinig, Göttingen
Die rechtsvergleichende Perspektive: Funktionalität der europäischen Einigung und Achtung staatskirchenrechtlicher Institutionen in den übrigen Staaten Europas
S. 128–154
Leitsätze zum Vortrag
S. 155–160

Professor Dr. Clemens Albrecht, Bonn
Funktionalität und Institutionalität: Funktionslogik der europäischen Einigung und mitgliedstaatliche Institutionensicherung aus soziologischer Perspektive
S. 161–175
Leitsätze zum Vortrag
S. 176–177

Verzeichnis der Referenten
S. 178–179

Sachwortregister
S. 180–189

Personenregister
S. 190–196
Uhle, Arnd / Wolf, Judith (Hgg.)
Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche
Bandnummer 55
DOI-Nummer 10.17438/978-3-402-10580-1
Umfang VIII und 196 Seiten
Erscheinungstermin 07.07.2020
Preis 23,00 €

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