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Die historisch arbeitenden Kulturwissenschaften befassen sich seit Längerem mit der Dimension des Raumes als Medium symbolischer Kommunikation. Sie haben soziale, rituelle und materielle Strukturen ausgemacht, die einem Raum Bedeutung und Funktion verleihen. Das gilt in besonderer Weise für sakrale Räume. In ihnen gehen Architektur und Ausstattung, liturgischer Vollzug und personales Handeln eine komplexe Interaktion ein, die unter dem Begriff der „Sakraltopographie” analysiert wird. Dabei gründet das Modell der Stationsliturgie auf einer raumorientierten Inszenierung, die am Vorbild der „heiligen (Himmels-)Stadt” Maß nimmt. Diese kann sich auf die Makroebene einer Stadttopographie mit systematisch angelegten Kirchenbauten wie auf die Mikroebene eines einzelnen Kirchenraumes mit seinen verschiedenen Altarstellen beziehen. Beide Ebenen werden durch den Gottesdienst raumumgreifend auf vielschichtige Weise miteinander verbunden.
Die dahinterliegenden Strukturen und Symbolwelten zu erschließen und sakraltopographische Bezüge zu identifizieren, ist nur interdisziplinär zu leisten. Deshalb stellen sich im vorliegenden Sammelband Architektur- und Kunstgeschichte, Geschichts- und Liturgiewissenschaft die Frage, wie einzelne Kirchenräume und ihre Einbindung in die „geistliche” Prägung einer Stadt eine Sakraltopographie entwickeln, die das Leben und den Glauben der Menschen in der Vormoderne eminent mitbestimmt hat.
Inhaltsverzeichnis
Jürgen Bärsch / Stefan Kopp
Sakraltopographie als ein liturgiehistorisches Paradigma. Zu Stand und Aufgaben der Forschung
S. 1–18
Harald Buchinger
Prinzipien der Entfaltung metropolitaner Sakraltopographie in der Spätantike. Eine Skizze zu Jerusalem und Rom
S. 19–34
Enno Bünz
Domkirche und Pfarrei in der mittelalterlichen Germania Sacra. Seelsorge im Spannungsfeld von Kathedrale und Stadt
S. 35–122
Stefan Kopp
Die Sakraltopographie der mittelalterlichen Bischofsstadt Paderborn im Spiegel ihrer liturgischen Quellen
S. 123–142
Jörg Bölling
Prozessions- und Pilgerwege der Hildesheimer Kathedrale im Spiegel mittelalterlicher Quellen. Godehard-Viten – Liber Ordinarius – Liber precum
S. 143–198
Johanna Beutner
Mittelalterliche Frauenstiftskirchen im urbanen Kontext am Beispiel der Stadt Köln
S. 199–242
Matthias Untermann
Die frühen Konvente und die „Domnebenstifte” in Speyer und Worms
S. 243–266
Wolfgang Augustyn
Augsburg – Kathedrale, Bischofsresidenz und Stadt. Zu einer Topographie von Koexistenz und Konflikt
S. 267–310
Matthias Hamann
Prozessionen und ihre Ritendynamik. Zur Umgestaltung der Liturgie des Palmsonntags unter Albrecht von Brandenburg in Halle an der Saale angesichts reformatorischer Kritik
S. 311–332
Franz Karl Praßl
Der Gesang und sein Ort. Zur Sakraltopographie im ehemaligen Augustiner-Chorherrenstift Seckau um 1590
S. 333–364
Jürgen Bärsch
Mittelalterliche Sakraltopographie im barockzeitlichen Gottesdienst? Beobachtungen zur Bamberger Kathedralliturgie im Spiegel der Observationes et Caeremoniae ordinariae von 1730
S. 365–384
Abbildungsnachweise
S. 385–386
Autorin und Autoren
S. 387–388
Personenregister
S. 389–394
Orts- und Sachregister
S. 395–407