Weitere Informationen
Nirgendwo im frühneuzeitlichen Europa wurden so viele Hochverratsprozesse geführt wie in England. In dieser Studie geht es allerdings nicht um die Geschichte der repressiven Justiz. Vielmehr wird gezeigt, wie sich über einen Zeitraum von rund 300 Jahren überhaupt erst die Macht von Gerichtsverfahren herausbildete, verbindliche Entscheidungen zu treffen. Die englischen Hochverratsprozesse stehen damit beispielhaft für die Ausdifferenzierung juridischer Prozeduren, auf denen moderne Staatlichkeit beruht. Die Macht der Verfahren bekamen nicht nur die Angeklagten zu spüren, sondern in einem zunehmenden Maße die obrigkeitlich-staatlichen Verfahrensveranstalter auch. Gängige modernisierungstheoretische Annahmen über die rechtsgeschichtliche Entwicklung werden hier gegen den Strich gebürstet, insofern gezeigt wird, dass Gerichtsverfahren im Übergang zur Moderne nicht nur gerechter, sondern auch mächtiger wurden und sich gegen Einflüsse aus ihrer sozialen Umwelt abschotteten. Die Arbeit ist zugleich ein neuartiger und innovativer Beitrag zur Kulturgeschichte des Rechts, die die Praxis der Gerichtsbarkeit in ihren kommunikativen, medialen und sozio-materiellen Dimensionen beobachtet. Sie ist ebenso ein Beitrag zum Verhältnis von Justiz, Druckpublizistik und Öffentlichkeit wie zur Geschichte der Todesstrafe. Nicht zuletzt wird gezeigt, wie vor Gericht über Szenarien kollektiver Bedrohung, über Verschwörungen und Verschwörungstheorien verhandelt und entschieden wurde.
Über den Autor
André Krischer studierte Geschichte, Philosophie und Anglistik in Köln, Bonn und Münster, wo er 2005 promoviert wurde. Anschließend war er ebendort wissenschaftlicher Geschäftsführer des Leibniz-Projekts „Vormoderne Verfahren“ und W1-Professor für die Geschichte Großbritanniens. Krischer arbeitet als Teilprojektleiter am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ und am SFB 1150 „Kulturen des Entscheidens